[Werbung, Pressereise] Wer etwas über die Textilgeschichte in der Ostschweiz und speziell über die Stickerei in und um St. Gallen erfahren möchte, kommt am Textilmuseum St. Gallen nicht vorbei. Dank der umfangreichen Sammlung an Spitzen und anderen Textilien dokumentiert das Museum die glorreichen aber auch die weniger glanzvollen Zeiten der Stickereiindustrie sehr anschaulich.

Die Geschichte der Textilindustrie, besonders der Spitze in St. Gallen im Textilmuseum
Zu Besuch im Textilmuseum St. Gallen

Die Sammlung geht auf das Jahr 1863 zurück. Das Kaufmännische Directorium (die Vereinigung der St. Galler Kaufleute) sammelte gezielt erste Muster in Paris. Denn gerade dieser Absatzmarkt war wichtig und genau dort sollen schließlich die eigenen Produkte gefallen. Gesammelt wurden vor allem Flachtextilien, also Gewebe oder unverarbeitete Spitzen. Die Mode überließ man dem Historischen und Völkerkundemuseum. Damit jedes Mitglied auf die Stoff- und Spitzenproben zugreifen konnte, lagen sie im sogenannten Musterzimmer im Directionsgebäude aus. Die Sammlung umfasste ursprünglich alle Arten von Stoffen.

Die Geschichte der Textilindustrie, besonders der Spitze im Textilmuseum St. Gallen
Historische Spitzen aus der Sammlung Iklé

Textilmuseum St. Gallen – die Entstehung

Durch die Monoindustrie gab es schnell eine reine Konzentration bei der Sammlungstätigkeit auf Stickereien und Spitzen. Schon wenig später (1878) erfolgte die Gründung des Industrie- und Gewerbemuseums und einer daran angeschlossenen Kunstgewerbeschule. Ziel war es, die Stickerei durch gutes Design und gute Ausbildung wettbewerbsfähiger machen zu können. Die eigene Kompetenz wurde als Ressource angesehen, die es zu behalten, zu verfeinern und weiterzutragen galt.

Die Geschichte der Textilindustrie, besonders der Spitze in St. Gallen im Textilmuseum
Die goldenen Zeit der Stickerei

Für ein passendes Gebäude schrieb man einen Architekturwettbewerb aus. Da es keinen ersten Preis gab, entschied man sich für eine überarbeitete Fassung des zweiten Preises von Gustav Gull. Schon 1886 kann das Museum eröffnet werden. Der viergeschossige Bau wurde wegen seiner roten Backsteinfassade auch Palazzo Rosso genannt. Warum auch immer entschied man sich 1962 im Rahmen einer Sanierung, die Backsteinfassade grau zu verputzen. Bei der letzten Fassadensanierung 2003 näherte man sich dem Original wieder an. Zwar konnte der Putz nicht entfernt werden, aber man wählte einen ziegelroten Anstrich und lässt so die ursprünglichen Backsteine wieder erahnen.

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Repräsentative Innengestaltung im Textilmuseum St. Gallen

Das erste und das zweite Geschoss weisen beeindruckende repräsentative Raumhöhen auf, währen die oberen Geschosse, die zur  Lehrtätigkeit genutzt wurden, niedriger ausfallen. Neben der umfangreichen Sammlung an Stickereien und Spitzen gab es im Haus eine Bibliothek, eine Zeichenschule und eine Stickereischule, später sogar eine Kontrollstelle für Garn.

Heute befindet sich im Gebäude nur noch das Textilmuseum St. Gallen und die Textilbibliothek mit mehr als 20.000 Büchern und tausenden Musterbüchern und Fotografien. Die Ausbildung der Textildesigner erfolgt aktuell in Luzern.

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Blick in die umfangreiche Mustersammlung in der Bibliothek

Schon der Eingangsbereich im Museum wirkt sehr prachtvoll und wir sind gespannt, was uns im Museum erwartet. Neben der Dauerausstellung präsentiert das Museum wechselnde Sonderausstellungen, die sich sowohl der Historie aber auch der modernen Textilindustrie widmen. So gab es vor kurzem eine Ausstellung zu dem spannenden Thema der technischen Textilien.

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Die Spitzen der Gesellschaft

Bei unserem Besuch konnten wir in der Sonderausstellung eine ganz besondere Sammlung bewundern. Unter dem Thema „Die Spitzen der Gesellschaft“ wurden historische Spitzen aus der Sammlung von Leopold Iklé gezeigt.

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Blick in die umfangreiche Sammlung

Schon als junger Mann sammelte er Spitzen unterschiedlicher Art und trug so die größte bekannte Spitzensammlung zusammen. Heute gehört sie dem Textilmuseum St. Gallen und sie zählt zu den kostbarsten Stücken des Museums.

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Moderne Umsetzung der klassischen Bilder von Hendrik Kerstens – sie hängen zwischen den beiden Räumen der Sonderausstellung – eine Umsetzung, die mich sehr begeistert hat

 

Historische Spitzen aus der Sammlung Iklé

Die Sonderausstellung erstreckt sich über zwei große Räume in der zweiten Etage. Hier wandeln wir auf den historischen Pfaden der Entwicklung der Spitze. Die Ausstellung beschäftigt sich ausführlich mit der Entwicklung der Klöppel- und Nadelspitzen. Immerhin sind sie auch die wichtigste europäische Innovation in Sachen Textil. Bis Dato wurden alle Neuerungen im Textilbereich aus dem Osten übernommen.

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edle Spitzen traten von Italien aus ihren Siegeszug an

Aber die Erfindung der Spitze eroberte von Italien aus den Weg in die Mode. Noch heute ist es schwierig, genau festzustellen, woher genau eine bestimmte Spitze stammt, denn war eine Spitze beliebt, wurde sie an vielen Orten von Frauen in Heimarbeit oder auch in Klöstern in ähnlichen Ausführungen hergestellt.

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Die strenge spanische Mode

Deshalb wählt die Ausstellung im Textilmuseum St. Gallen nicht die Provinienz als Blickpunkt auf die Spitzen, sondern die höfische Kultur, die damals geschmacksprägend war. Der erste Raum ist geprägt von der strengen Mode des habsburgischen Spaniens vom 16. bis Mitte des 17. Jahrhunderts. Wir sehen hier Spitzen, die im streng regulierten höfischen Kontext Anfang des 15. Jahrhunderts entstanden sind. Die bordeauxrote Gestaltung spiegelt dabei die schwere der Kleidung wieder.

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französische Spitzenmode

Während der zweite Raum in ein helles Beige getaucht ist. denn dieser Raum ist geprägt von der offeneren Mode des bourbonischen Frankreichs von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Zeit kurz vor der Französischen Revolution.

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Spitzen und Stickereien aus Frankreich im Textimuseum St. Gallen

Die Sonderausstellung zeigt eine eindrucksvolle Sammlung edler Spitzen, die uns sehr begeistert. Wie faszinierend zu sehen, mit welchen Akribie die Spitzen hergestellt wurden. Zu dieser Ausstellung ist bei der Arnoldschen Verlagsbuchhandlung unter dem Titel „Historische Spitzen“ ein umfangreicher und informativer Katalog erschienen, der alle Spitzen beinhaltet.

Die Geschichte der Textilindustrie, besonders der Spitze in St. Gallen im Textilmuseum
französische Mode
Die Geschichte der Textilindustrie, besonders der Spitze in St. Gallen im Textilmuseum
Blick in den französischen Raum

Fabrikanten & Manipulanten die Dauerausstellung im Textilmuseum St. Gallen

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Auf geht’s zur Dauerausstellung

Unter dem Titel Fabrikanten & Manipulanten widmet sich die Dauerausstellung der Ostschweizer Textilgeschichte. Auch wenn es nur ein Raum ist, gibt es hier sehr viel Interessantes zu entdecken.

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Fotografien über die Herstellung der Spitze
Die Geschichte der Textilindustrie im Textilmuseum St. Gallen
Spitze, Spitze, Spitze

Die Ausstellung berichtet über die Vielfältigkeit der Stickerei, über Höhen und Tiefen und wie es immer wieder gelang, sich neu zu erfinden. Zahlreiche Fotografien, Spitze oder auch Filmmaterial machen die Ausstellung lebendig und geben einen sehr guten Einblick in die wechselvolle Geschichte.

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Blick in ein Werbefoto-Album von Jakob Rohner

 

Ergänzt wird die Ausstellung durch eine noch voll funktionsfähige Handstickmaschine im Erdgeschoss.

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An der Handstickmaschine finden zu regelmäßigen Terminen Vorführungen statt

In diesem Raum wird gleichzeitig auch der Schritt in die Gegenwart gegangen. Unter dem Titel Vision werden Teile der aktuellen Kollektion der Schweizer Textilfirmen gezeigt. Die Textilien sind nicht nur reine Ausstellungstücke, sie können angefasst und gefühlt werden. Eine schöne Gelegenheit, um zu zeigen, wie innovativ und lebendig die Schweizer Textilindustrie auch heute noch ist.

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Am Stickrahmen kann man selbst sticken und die Stoffe und Spitzen laden zum Berühren ein

 

Und da ich selten einen Museumsshop auslasse, möchte ich diesen natürlich hier nicht unerwähnt lassen. Wer sich für Spitze und Stickereien interessiert, ist hier genau richtig. Beachtlich ist die große Auswahl an Büchern, aber auch an Spitzen generell.

Die Geschichte der Textilindustrie, besonders der Spitze in St. Gallen im Textilmuseum
Unterschiedliche Spitzen und Bücher über Spitze gibt es im Museumsshop

Fazit

Wenn sie etwas über die Geschichte der Textilindustrie und vor allem die Spitze in St. Gallen erfahren möchten, kommen sie am Textilmuseum St. Gallen auf keinem Fall vorbei. Die gut strukturierte und sehr interessante Dauerausstellung gibt einen umfangreichen Einblick in die Geschichte der Stickerei. Diese wird thematisch mit verschiedenen Sonderausstellungen ergänzt.

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Kleid und Mantel aus St. Galler Spitze

Was sie außerdem in St. Gallen nicht verpassen sollten

 

Transparenzhinweis: Ganz lieben Dank an St. Gallen-Bodensee Tourismus für die Einladung zur Pressereise nach St. Gallen. Mit der Reise waren keine Verpflichtungen verbunden und natürlich spiegeln die Beiträge unsere eigene Meinung wieder.

Das Textilmuseum St. Gallen