Von St. Gallen sind es nur wenige Kilometer bis Arbon. Die Stadt am Bodensee ist eng verbunden mit der Geschichte der Firma Saurer. Sie erlangte vor allem mit dem Bau von Lastfahrzeugen und Textilmaschinen Weltruf.

Heute ist in einer der alten Werkhallen das Saurer Museum untergebracht und die ehemalige Kantine ist ein Hotel mit angeschlossenem Restaurant.

Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee

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Das Saurer Museum liegt idyllisch in unmittelbarer Nähe zum Bodensee. Man mag gar nicht glauben, dass in solch einer Filetlage jahrelang Maschinen und Autos gefertigt worden sind.

Saurer Museum und Depot Arbon - Von Textilgeschichte bis zum LKW
Blick auf den Bodensee vom Museum aus

Eine kurzer geschichtlicher Abriss der Firma Saurer

Eines der größten Unternehmen für Stickmaschinen und Lastfahrzeuge begann 1853 als kleine Gießerei in St. Georgen. Gegründet wurde die Firma von Franz Saurer (1806-1882).

Er kam als 15-jähriger aus der Nähe von Sigmaringen in die Schweiz und suchte dort Arbeit. Vor seiner Firmengründung war er zunächst ab 1834 als Gießer in der Maschinenfabrik St. Georgen tätig.

Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Der Gründungsvater – Franz Saurer

Zu Wohlstand kam er durch seine zweite Frau – sie war die Witwe und Alleinerbin von Franz Xaver Stoffel, der in Arbon eine Werkstätte für Bau und Reparatur von Jacquard-Apparaten an Webstühlen hatte. 1863 verlegt Saurer seine Firma komplett nach Arbon und fertigte dort mit mehr Platz Maschinenteile zur Reparatur von Webmaschinen.

Aber dieser prosperierende Zweig war ihm nicht genug und seine drei Söhne – Anton, Adolph und Emil – drängten nach und nach in die Firma.

Emil war der erste mit einer theoretischen Ausbildung, die er am Technikum Mittweida (Sachsen) erwarb, wo er als erster Maschinenbaustudent aus der Schweiz in Erinnerung gehalten wird. Danach studierte Emil noch Maschinenbau an der ETH Zürich.

Die Saurers hatten großes mechanisches Talent und wollten selbst Maschinen entwickeln. Um 1850 kamen erste funktionsfähige Handstickmaschinen auf. Sein Sohn Anton (1835-1872), Konstrukteur in St. Georgen, brachte Kenntnisse bei der Fertigung von Stickmaschinen ins Unternehmen. 1869 war es dann soweit und Saurer produziert nun auch eine eigene Handstickmaschine.

Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Handstickmaschine von Saurer

„F. Saurer & Söhne“ wird ab ca. 1880 bedeutendster Schweizer Produzent von Stickmaschinen

Weitere Meilensteine der Firma sind Produktion von Schiffchenstickmaschinen (vor 1880) zunächst mit einer Länge von 4,5 Yard oder auch die Produktion von Stickautomaten (mit Lochkartensteuerung) ab 1912, die den von Hand geführten Pantographen ablösten. Saurer produzierte über viele Jahrzehnte Stick- und Webmaschinen und war hierbei ab ca. den 1930er Jahren Weltmarktführer.

Allein Hippolyt Saurer (1878-1936), der Enkel des Firmengründers und Sohn von Anton, brachte es auf 60 Patente für Stickmaschinen. Die Entwicklung stand hier nie still.

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Hippolyte Saurer, Enkel des Gründers, studierte an der ETH Zürich

Aber nicht nur mit Textilmaschinen machte sich Saurer einen Namen. Ab 1896 wurde die Produktion von Verbrennungsmotoren aufgenommen, die mit Petroleum betrieben wurden. Große Erfolge feierte man bei Saurer ab 1903 mit der Produktion von Nutzfahrzeugen.

Die Lastwagen und Autobusse von Saurer erfreuten sich größter Beliebtheit und wurden schon nach kurzer Zeit im Ausland auf Lizenz produziert. Bis 1911 war Saurer der weltgrößte LKW-Produzent. So war z.B. der erste LKW, der in der USA fuhr ein LKW der Marke Saurer.

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Traditionsreiche Feuerwehrfahrzeuge von Saurer

Der Boom hielt lange Zeit an, aber trotz guter Qualität nahm die Nachfrage nach dem zweiten Weltkrieg kontinuierlich ab, es wurde fast nur noch für den Heimatmarkt produziert. In den 1980er Jahren nahm die Nachfrage weiter ab, sodass 1983 der letzte Lastwagen im zivilen Bereich und 1986 das letzte Militärfahrzeug in Arbon produziert wurde. Im selben Jahr wird auch die Produktion der Webmaschinen in Arbon eingestellt.

In den 1990er Jahren konzentrierte man sich auf den Textilmaschinenbau in einer internationalen Gruppierung. Heute gehört nach mehreren Wechseln die Saurer AG zur chinesischen Jinsheng-Gruppe und fertigt weiterhin Stickmaschinen, allerdings nicht mehr in Arbon. Die Fertigung erfolgt in China, entwickelt wird in Arbon. Man knüpft auch unter neuer Führung noch an alte Traditionen an.

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Saurer aus Arbon

Von der Firma zum Saurer Museum in Arbon

Schon 1983 gründete sich der Oldtimer Club Saurer mit einem Fahrzeugdepot in der Stadt. Bis heute ist das Saurer Museum ein rein privates Museum, das nur eine geringe staatliche Unterstützung erhält. 60 Mitarbeiter arbeiten hier auf freiwilliger Basis. Ziel ist es, die Geschichte von Saurer in all ihren Facetten zu dokumentierten. Das geschieht am historischen Ort – auf dem ehemaligen Fabrikgelände.

Man kann förmlich noch das Motorenöl riechen. Das Museum ist ein lebendiges Museum. Fast alle Fahrzeuge sind betriebsbereit und alle Stick- und Webmaschinen laufen.

Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Im Eingangsbereich der Saurer-Welt

Der Eintritt in die Welt von Saurer erfolgt über ein Drehkreuz. Die Eintrittskarten zum Saurer Museum kann man nebenan im Hotel Wunderbar erwerben. So ist gewährleistet, dass das Museum täglich von 10-18 Uhr besucht werden kann. Wer an einer Führung interessiert ist, bei der die Maschinen laufen, kann diese im Vorfeld buchen.

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Ein erster Blick in die Halle

Die Welt der Stickmaschinen

Im hinteren Bereich der Halle stehen die verschiedenen Nutzfahrzeuge, im vorderen Bereich die Textilmaschinen. Anhand der vollständigen Sammlung an unterschiedlichen Pioniergenerationen der Stickmaschinen lässt sich auch die Tradition der St. Galler Spitze und ihre Herstellung nachvollziehen.

Hier erfährt der Besucher, wie die berühmte Spitze entsteht und wie gestickt wird. Die älteste Stickmaschine im Museum ist die sogenannte „Chlüpperlimaschine“ – ein Handstickmaschine aus dem Jahr 1860, aber auch ein Stickautomat von 1912 ist hier zu sehen. Die Geschichte der Stickerei lässt sich anhand der unterschiedlichen Maschinen sehr gut nachvollziehen.

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Die Punchmaschine

Wir sehen, wie aus großen Konen kleinen Bobinen entstehen, die später in die Schiffchen kommen. An einer großen Punchmaschine entstehen Lochkarten. Eine Zeile einer Lochkarte entspricht einem Stich und sagt der Maschine, was sie sticken soll, also wohin und wie weit sich der Stickrahmen zwischen einem Stich bewegt. Zur Kontrolle sieht der Puncher an einer kleinen Stickmaschine, ob alles richtig gepuncht wurde.

Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Eine Bobiniermaschine, die kleine Bobinen fertigt, die später in die Schiffchen kommen
Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Schiffchen für den Hinterfaden in unterschiedlichen Größen und Varianten

Besonders faszinierend sind die Einfädelmaschinen, die eine Arbeit abnehmen, die wohl niemand gern macht hat und die lange Zeit Kinderarbeit war – das Einfädeln. Schon bei einer Nadel kann das zu einer großen Geduldsprobe werden, aber wie ist es erst, wenn man hunderte von Nadeln in kurzer Zeit immer wieder neu einfädeln muss. Aber auch dafür wurden Maschinen erfunden, die dies in einer sensationellen Genauigkeit übernehmen.

Die Welt der Webmaschinen

Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Hier werden Bänder gewebt

Außer den Stickmaschinen fertigte Saurer zahlreiche Webmaschinen. Auch hier kann man mehrere funktionstüchtige Modelle bestaunen, so z.B. eine Bandwebmaschine oder eine Maschine, die Frottee webt. Haben sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie der fluffige Frottee entsteht? Ich nicht? Aber es war sehr interessant, dem Stoff beim Entstehen zuzuschauen.

Eine der beeindruckendsten Maschinen in der Webabteilung war für mich eine Art Schreibmaschine, auf der ein Webmuster auf eine Lochkarte übertragen wird.

An dieser „Schreibmaschine“ entsteht die Lochkarte für den Jacquard-Automaten, der farbige Webmuster ermöglicht

Ergänzt wir die Schau der Maschinen durch zahlreiche Textilien, die auf den Saurer-Maschinen gefertigt wurden. Man bekommt einen informativen Überblick über die unterschiedlichen Arten von Spitze aus St. Gallen und die unterschiedlichen Webtechniken.

Zu Besuch im Saurer Museum in Arbon am Bodensee
Hier wird Frottee gewebt – was hier entsteht, kann man auch als Souvenir erwerben

Die Ausstellung ist sehr gut geeignet, sie ohne Führung zu besuchen, d.h. auch ohne das Laufen der Maschinen zu erleben. Informative Tafeln beschreiben sehr gut die unterschiedlichen Stick- und Webmaschinen. Die Tafeln verbinden wunderbar beide Geschäftsfelder von Saurer. Sie sind auf LKW-Planen gedruckt und die meisten von ihnen wurden mit einem floralen Muster bestickt. Ein sehr schönes und liebevolles Detail.

Saurer-Museum Arbon
gewebte Saurer-Produkte

Die Nutzfahrzeuge von Saurer

Der hintere Teil der Halle widmet sich den Nutzfahrzeugen der Firma Saurer. Viele davon sind voll funktionstüchtig und werden zu besonderen Fahrten immer noch eingesetzt. Circa 20 Postautos, Feuerwehrautos. LKWs aber auch Militärfahrzeuge werden hier ausgestellt. Autofans kommen voll auf ihre Kosten. Besonders beeindruckend ist dabei das historische gelbe Postauto „Car Alpin“ – sozusagen der Vater aller Postautos.

Saurer Museum Arbon - Von Textilgeschichte bis zum LKW
Car Alpin – das erste Postauto
Saurer Museum Arbon - Von Textilgeschichte bis zum LKW
Die erfolgreichen Nutzfahrzeuge von Saurer

Wer nun noch Zeit hat, kann sich das in einem anderen Stadtteil gelegene Depot anschauen. Hier geht es etwas rustikaler zu. Auf den Besucher warten Fahrzeuge, Maschinen, Motoren, Ersatzteile, aber auch eine Monogrammstickmaschine und mehrere Einfädelmaschinen.

Saurer Museum und Depot Arbon - Von Textilgeschichte bis zum LKW
Im Saurer Depot
Saurer Museum und Depot Arbon - Von Textilgeschichte bis zum LKW
Einfädelmaschine bei Saurer im Depot

Fazit

Das Saurer Museum sowie das Depot bieten einen vielfältigen Einblick in die Geschichte der Traditionsfirma. Die Ausstellung dokumentiert eindrucksvoll die Historie des Ostschweizer Textilmaschinen- und Fahrzeugbaus. Geschichte wird hier wieder lebendig.

Besonders hervorheben möchte ich noch einmal, dass das Museum nur über die unermüdliche Arbeit von Freiwilligen gestemmt wird. Eine beachtliche Leistung.

Saurer Museum und Depot Arbon - Von Textilgeschichte bis zum LKW
Unterschiedliche Arten von Spitze, die auf Stickmaschinen aus dem Hause Saurer gestickt wurden

Und wenn sie das Museum besuchen – direkt nebenan im Hotel Wunderbar können Sie bei einem Kaffee den direkten Blick auf den Bodensee genießen.

Saurer Museum und Depot Arbon - Von Textilgeschichte bis zum LKW

Weitere Artikel im Blog zur Schweizer Textilgeschichte

Transparenzhinweis: Vielen Dank für die Einladung nach Arbon. Wir haben die Übernachtung im Hotel Wunderbar, sowie die Führung im Saurer Museum und im Depot kostenfrei erhalten. Das beeinflusst natürlich nicht unsere Meinung, diese haben wir uns frei gebildet.

Das Saurer Museum in Arbon – von Textilmaschinen und großen Autos
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